Eine Einladung in die Puniner Oper
Einladung Oper
Eine Einladung in die Puniner Oper
Boron 1047 BF, Burg Storchengarten bei Elenvina
Tante Ivetta! schallte die Stimme über den Burghof, in dem es empfindlich kalt war und schon Frost auf dem kurzen Rasen lag. Schnee kündigte sich schon jetzt an, es würde nicht mehr lange dauern. Ivetta von Leihenhof zum Storchengarten hob den Kopf, das Gesicht eingerahmt, nein eingehüllt in ihre Schleier, die einfache Haube aus Wollfilz eng an das Haupt gedrückt, damit die beißende Kälte draußen gehalten wurde. Ihr Neffe Lucrann Aurelio von Leihenhof, ein hochgewachsener, schöner Mann, der gerade zu Besuch im Storchengarten war und den jungen Mädgen den Kopf verdrehte, kam mit weitausholenden Schritten seiner langen Beine auf sie zu, ein Pergament in den Händen haltend und damit wedelnd. Sie stand aus der Hocke auf, die Knochen knackten - ob es das Alter war, das sie weitestgehend verschonte, aber Satinav konnte man nicht entkommen, oder einfach nur die Kälte, die ihr in die Gelenke kroch, das mochte Peraine wissen - und ging lächelnd ihrem Neffen entgegen.
Lucrann, mein Kind. Sie sah, wie er die Augen rollte und ihr Lächeln wurde breiter. Was gibt es denn, was hast du dort? Der junge Mann, der sie um gut zwanzig Halbfinger überragte, schaute auf sie herunter und reichte ihr das Pergament, das an seiner Falze erkennbar einmal unordentlich zusammengefaltet gewesen war. Sie las es. Hexenmond. Ein Schauspiel uraufgeführt zu Kuslik im Jahre 981 nach Bosparans Fall. Die Perainegeweihte hob den Blick, der daher über die muskulöse Brust, die noch deutlich erkennbar unter dem warmen Wams des Manns sich abzeichnete, und sein hölzernes Amulett mit dem Widderkopf, zu seinem Gesicht glitt. Und was möchtest du mir damit sagen, Lucrann?
Der Mann mit den dichten, rot-braunen Locken, die sein so schönes Gesicht mit den ausgeprägten Wangenknochen einrahmten, grinste. Dass wir in Punin in die Oper gehen!
In die Oper? Was soll ich denn da?
Tante Ivetta, dieses Stück ist seit Eeeeeeeewigkeiten in Vinsalt und Kuslik beliebt und ich hatte irgendwie nie die Gelegenheit, es zu sehen. Ivetta hob die rechte Augenbraue. Und jetzt wird es in der Puniner Oper aufgeführt und da dachte ich, wir reisen nach Punin, gehen gemeinsam in die Oper - ich lade dich ein - wir genießen das Schauspiel gemeinsam, und dann können wir ja noch vielleicht mit dem Fürsten oder so essen Die Perainegeweihte lachte und schlug ihrem Neffen vor die Brust - wofür sie den Arm heben musste. Du kannst doch auch allein nach Punin, mein Haus steht dir zur Verfügung. Jetzt rollte der jüngere Mann mit den Augen. Jetzt lädt dich schon ein schneidiger, junger, horasischer Cavalliere ein und du zierst dich wie eine Jungfrau. Er lachte. Tante Ivetta, komm, du brauchst auch ein paar Tage Erholung und ich weiß, du liebst die Oper - auch wenn du es nur ungerne zugibst. Er grinste schalkhaft und fuhr sich mit seiner gepflegten, kräftigen Hand durch das Haar.
Erholung - wann immer Ivetta in Punin gewesen war, um Erholung zu erhalten, hatte dies nur zu Arbeit und seltsamen Ausflügen in dubioseste Bereiche der Stadt geführt. Ja, sie liebte Punin - aber sie kannte vor allem seine Unterwelt. Und damit meinte sie die Welt unter Punin. Sie unterdrückte ein Seufzen und lächelte. Sie würde Punin noch eine Gelegenheit geben, immerhin besaß sie dort ein Stadthaus, das musste sie auch nutzen. Und nicht nur nutzen lassen. Die Geweihte der Peraine hakte sich bei ihrem Neffen unter - und spürte die unglaubliche Wärme, beinahe Hitze, die er ausstrahlte, als sei er ein Ofen. Also gut, mein Kind. Du lädst mich in die Oper ein und ich organisiere ein Abendessen. Er grinste. Ob mit dem Fürsten kann ich nicht versprechen, aber vielleicht kommt ja Ihre Eminenz Madalena Galandi. Lucrann legte seinen dichten Umhang um seine Tante. Damit kann ich auch leben. Also geht es bald nach Punin.
Autor Galebquell