Landwehr

"So setze ein jeder Unserer Lehnsleute diese Anzahl Seiner Landwehr unter Waffen, wie sie zu seinem Lehnsgute befohlen ist. Dies sind drei Banner Landwehr im Gefolge jeglichen Barons, doch nur zweie, wenn er ein Junkergute im Lehen unterhält, ein Banner Landwehr im Gefolge eines jeden Junkers, ein Banner im Gefolge eines jeden Edlen alswie auch jeder Ritter mit seinem Gefolge, zugleich aber mit einem Banner Landwehr, so er ein Gut mit Grund und Land von mehr denn zwei Dörfern besitzet."

So heißt es in den gräflichen Schreiben, mit denen die Einberufung einer Landwehr befohlen wird ... und dies scheint bei manchen der Barone zu ernsthaften Erstickungsanfällen geführt zu haben. Bedenkt man, daß ein Banner im Regelfall 50 Leute umfaßt; die Bevölkerungszahl einer Baronie in den Nordmarken zwischen 1500 und 6000 Leuten schwankt, davon aber ungefähr 80% Leibeigene sind, die nicht der Kriegsdienstpflicht unterliegen, schrumpft die Zahl der potentiellen Landwehr rapide. Wer die Landwehr, die sein Lehen zu stellen vermag, berechnen will, kann sich folgender Formel bedienen:


Maximalgröße der Landwehr:

Gesamtbevölkerung des Lehens/5 = die Anzahl der Freien, also Kriegsdienstpflichtigen
Anzahl der Kriegsdienstpflichtigen /2 =die Anzahl der Kriegsdiensttauglichen
Anzahl der Kriegsdiensttauglichen/4 = die Anzahl der "Entbehrlichen"
oder, etwas einfacher: Gesamtbevölkerung/40 = Maximalgröße der Landwehr
Nicht vergessen werden dürfen natürlich die wichtigsten Streiter, die eine Baronie zu stellen vermag:

Die Adligen selbst als Ritter mit ihrem bewaffneten Gefolge, wobei hier wohl jeder Spielerbaron und -edle sehr eigene Vorstellung hat. Ein mittelalterlich realistischer Bevölkerungsanteil der Adligen (der Baron, die Junker, die Edlen und die Ritter mit ihren jeweiligen Familien) liegt bei ungefähr 1% der Gesamtbevölkerung (also bei zwischen 15 und 60 Personen pro Baronie, vom Säugling bis zum Greis) und kann uns hier als roter Faden dienen - in den meisten bespielten Baronien liegt dieser Wert deutlich niedriger.
Und die Anzahl der Adligen, die in einer Baronie leben, sind natürlich nicht alle Ritter: Zwar sind alle Adligen einer Baronie grundsätzlich kriegsdienstpflichtig, aber längst nicht alle sind auch kriegsdiensttauglich. Weiterhin dient ein nicht unerheblicher Teil ohnehin schon in den diversen stehenden Garde- und Leibregimentern oder Ritterorden, und wieder andere Familienmitglieder haben die Klerikerlaufbahn eingeschlagen. So kann im Endeffekt nur ein Wert von 2 bis 10 Rittern pro Baronie (je nach deren Größe) angenommen werden. Was die Zahl des bewaffneten Gefolges (vom Burghauptmann mit Kriegerbrief bis zum Dorfbüttel) der Barone und Niederadligen angeht, kann für nichtbespielte Baronien mit einer Zahl gerechnet werden, die der doppelten Menge der Ritter entspricht.


Zur Organisation der Landwehr und der Adelstruppen: Die Truppen, die die Grafen auf Geheiß ihres Lehnsherren aufstellen, bestehen aus der eigentlichen Landwehr und dem gräflichen Ritterheer. Der Graf ist als Ritteroberst alleiniger Kommandant dieser Truppen, die seit Kaiser Retos Heeresreform jedoch viel an Bedeutung und auch Personal an die stehenden Regimenter verloren haben - denn schließlich entstammen die meisten Offiziere der Garderegimenter und fast alle Kavalleristen dem Landadel. Die gräfliche Landwehr ist nach Baronien organisiert, wobei jede Baronie eine Landwehrkompanie stellt (oder auch zwei, falls die Baronie deutlich mehr als 100 Landwehrmänner und -frauen ins Felde führt). Die Landwehr der unterbelehnten Adligen der Barone (Edle, Junker, Ritter) gehört zur Landwehr der jeweiligen Baronie. Die gräflichen, herzöglichen und kaiserlichen Edlen und Ritter stellen jeweils eigene Landwehrrotten, die zuerst einmal nur direkt dem kommandierenden Grafen unterstehen, aus Gründen der Praktikabilität aber zu eigenen Kompanien zusammengefasst oder bestehenden (Baronie-) Kompanien zugeteilt werden - durchaus im Interesse der jeweils kommandierenden Niederadligen, die dadurch doch die Möglichkeit erhalten, im Ritterheer der jeweiligen Grafschaft zu dienen. Das gräfliche Ritterheer besteht, wie der Name schon sagt, aus den Rittern der jeweiligen Grafschaft. Jede Baronie (mit Unterlehen), jedes gräfliche, herzögliche und kaiserliche Edlen- und Rittergut bildet hier eine eigene Lanze, Kompanien oder Schwadronen gibt es keine. Die Waffenträger im Gefolge der Adligen üben teilweise Kommandofunktionen in der Landwehr aus (um ihren Adligen den Dienst im Ritterheer zu ermöglichen), und teilweise bilden sie das direkte Gefolge der Adligen. Man sollte hier 50:50 annehmen, so dass im Schnitt jeder Ritter einen Waffenknecht als direktes Gefolge hat, der dann zur jeweiligen Lanze im Ritterheer gehört. So dürften manche Lanzen nur aus einem Ritter und einem Waffenknecht bestehen, dazu vielleicht noch einem Knappen. Rein formal sind diese 3 Streiter jedoch den im äußersten Falle über 20 Kämpfer starken Lanzen der Baronien gleichgestellt.


Ganz gleichgestellt sind die Lanzen natürlich nicht (schließlich gibt es noch Praios, der so etwas gar nicht gerne sieht), sondern nach Rang und Namen strikt durchorganisiert (was wohl jedesmal zu neuem heftigem Streit führt). Ob man in der ersten oder der letzten Lanze im Ritterheer seines Grafen kämpft, das kann die Entscheidung über Ruhm und Ehre oder Schande und Tod sein - denn die Führer der Lanzen dürfen nach ihrer praiosgewollten Rangfolge entscheiden, wo sie Aufstellung nehmen.

Die gräflichen Ritterheere sind natürlich sehr schlagkräftig, andererseits aber aufgrund der hohen Herkunft der Adligen und deren großen Eigensinns natürlich alles andere als einfach - zu beherrschen - irdisch lassen hier Poitiers und Crecy grüßen, und aventurisch dürfte diese Unzuverlässigkeit der Adelstruppen ein entscheidender Grund für Retos Heeresreform gewesen sein. Aber bestimmt ist ein jeder Graf auf seine Rittersleut' stolzer als auf die Bauerntölpel in der Landwehr!

- aus den Nordmärker Nachrichten -