Wiedersehen macht Freu(n)de

Wiedersehen macht Freu(n)de

Setting

  • wo: Elenvina, Wirtshaus "Das Nest" in der Vorstadt
  • wann: PHEx 1044 BF
  • SL: AnFe

Personen

Hintergrund

Am Rande des Herzogenturniers Phex 1044 BF trafen sich Eoban von Albenholz und Kalman von Weissenquell, zwei Jugendfreunde, nach vielen Jahren getrennter Wege wieder.

Am Abend vor dem ersten Turniertags ging man auf ein gemeinsames Bier in das Wirtshaus, um alte und neue Geschichten auszutauschen.

Gespräche im Nest zu Elenvina

“So, Eoban, nun pack mal aus: Was hast du so getrieben, die letzten Jahre? Wie ich dich kenne, hast du sie wohl kaum am heimischen Herd verbracht.”

Der Albenholzer war etwas verblüfft ob der Aussage. Er überlegte, wo er anfangen sollte. "Manches Mal wäre es wohl besser gewesen am heimischen Herd zu bleiben."

„Und manchmal wünscht man sich, man wäre öfter in die Welt ausgezogen.“

Daraufhin berichtete Eoban von den verschiedenen Stationen der letzten Jahre:

  • Dienstjahre bei Gundela Er erzählt in den höchsten Tönen von seiner Zeit am Hof der Baronin. Eine Zeit, die voller Entbehrungen war. Abenteuerliche Berichte über das Aufspüren von Schmugglern. Weniger abenteuerliche Berichte über das Einholen von Steuern. Berichte über die Streitigkeiten der Pfalzgrafen, die häufig in Liepenstein ausgetragen wurden. Durch seine Einsätze und den guten Zuspruch der Baronin lernte er Margalin von Klingbach kennen.
  • Hochzeit mit Margalin von Klingbach. Geburt der ersten Kinder. Entlassung aus der Dienstritterschaft Aber Margalin ist die Gutsherrin. Sie kümmert sich auch um das Gut, führt / fördert die Geschäfte (Holzhandel, Holzprodukte), organisiert die regelmäßigen Zusammenkünfte der Lehensherren und Lehensherrinnen in Liepenstein u.v.m.
  • Mordanschalg auf Gundela 1041 - und Eoban konnte es nicht verhindern …
  • Rabenmarkfeldzug 1042 - als Gesandter der Baronin. Eine Mission im Zeichen der Götter und mit vielen Opfern.
  • Tja, äh, und ab 1043, ja, Botendienste. Für die Baronin. Und Geburt der Zwillinge. Zwei Zwillinge. Jap.

"Gut, genug von mir. Und bei Dir?"

„Nun ja, du erinnerst dich sicherlich, dass kurz nach meiner Hochzeit Mutter bei einem Reitunfall gestorben war. Vater war dann mit der kleinen Mika allein und mit der Situation total überfordert. Cisma und ich sind deshalb zu ihm nach Lützeltal zurückgegangen. Und da endet meine Geschichte auch schon. Ich bin auf dem Gut geblieben und habe viel gelernt über das Verwalten eines Dorfes und das Führen von Bauern und Handwerkern. Wie man dafür sorgt, dass es ihnen gut genug geht, damit sie nicht aufmüpfig werden, aber auch nicht gut genug, damit sie auf dumme Gedanken kommen, und so. Du weißt schon. Wie man so wirtschaftet, dass man gut über die Runden kommt und auch die Lehnsherrin zufrieden ist.

Wir haben dann Mika aufgezogen als wäre sie unser eigen Kind. Dazu unsere drei Mädels.“ Kalman lachte.“Es sind ja eigentlich zwei Jungs und eine Tochter, aber ich necke sie immer so, Früher sind sie dabei an die Decke gegangen, inzwischen ignorieren sie es einfach.Lukardis entwickelt sich prächtig, er ist inzwischen selbst Knappe. Aber Morgan hat leider den Fluch seines Onkels abbekommen. Er studiert”, das Wort spuckte er förmlich aus, ”jetzt hier an der Akademie von Elenvina. Du hast ihn vielleicht vorhin im Publikum gesehen. Tja, und Madalin ist ein recht süßes Ding geworden. bald ist es auch an der Zeit, zu schauen, was einmal aus ihr werden soll. Wann war noch einmal dein ältester Junge geboren?

Apropos Morgans Onkel: du wolltest mir erzählen, wie du dir Gudekar eingehandelt hast.“ Es klang, als hätte sich Eoban an einer Krankheit angesteckt. “Was waren das für Untersuchungen, die ihr da gemeinsam vollzogen habt? Oder willst du mir lieber zunächst erklären, was zwischen dir und Ossian vorgefallen ist?”

Schon wieder so viele Fragen auf einmal. "Thietland ist dieses Jahr 8 geworden. Er ist in Ausbildung im Anconiter-Kloster bei Albenhus." Irgendwie hatte Eoban das Gefühl, sein Freund Kalman war nicht sonderlich gut auf die Gabe der Magie zu sprechen. Wie so viele Nordmärker. Deshalb verschwieg er lieber, dass sein ältester Sohn ebenfalls Träger war. Eoban selbst war dieser Gabe gegenüber deutlich gutmütiger eingestellt. Seine Mutter war eine Hexe. Einige seiner Mitstreiter waren Adepten. Und selbst der Friedenskaiser Arn Horas war magisch begabt gewesen. Die Götter müssen einen Grund dafür haben, den Menschen diese Fähigkeiten zu schenken. Schwiergies Thema. Da ging er lieber über zum .. nächsten schwierigen Thema. "Gudekar und ich sind auf, hm, Mission gewesen, um ... bei der Aufklärung der Flussfest-Ereignisse von 43 zu helfen. Du hast sicher davon gehört. Nun ja, ein Unterfangen, dass uns durch die halben Nordmarken hat reisen lassen." Viel mehr wollte er an diesem Punkt eigentlich nicht sagen. Bevor er sich verrannte, wechselte er zur ... dritten schwierigen Frage. "Und Ossian ..." Es ziemte sich nicht, schlecht von seiner Familie zu sprechen. "Wir haben eventuell verschiedene Meinungen, wie ... wie man mit den Pflichten gegenüber der Familie umzugehen hat. Vielleicht ... war ich etwas undiplomatisch."

“Ja, vielmehr hat Gudekar auch nicht von eurer Mission erzählt, nur dass es was ganz wichtiges war und streng geheim, und von oberster Stelle angeordnet. Naja, das Erscheinen der Flussfeen im Efferd 43 hab’n wir natürlich im Lützeltal auch mitbekommen, wenn sie auch nicht direkt bei uns aufgetaucht sind. Und da seid ihr also quer durch die Nordmarken gereist, von Hochzeitsfeier zu Hochzeitsfeier, wie ich gehört habe? Und mein lieber Bruder lässt seine Schwangere Frau allein daheim zurück und hat dann nichts besseres zu tun als sich, anstatt seiner Mission nachzugehen, an Rahjadiensten mit irgendwelchen dahergelaufenen Weibern zu verlustieren? Ich glaube, über unterschiedliche Ansichten zu den Pflichten gegenüber der Familie musst du mir nichts erklären!”

"Aaaaah, ..." Eoban brachte nur einen brummelnden Laut heraus. Diese Anklage stach ihn mitten ins Herz, der ja selbst eine Frau mit 4 Kindern zu Hause hatte, welche just zu der Zeit ebenfalls schwanger war. "Ich, also, ... sicher ist es Gudekar schwer gefallen, seine Frau zu Hause zurückzulassen. Sie mit all den Aufgaben alleine zu lassen. Und die Kinder. Sie nicht aufwachsen zu sehen. ..." Kurz schien Eoban abzudriften. " ... Aber manchmal hat man einfach nicht die Wahl. Und bei dieser Mission ganz gewiss nicht. Auch wenn, ich gebe zu, die Außenwirkung etwas fatal sein mag. Von Hochzeit zu Hochzeit. Sei gewiss, an Freude hatten wir .. hatte er nicht viel. Ich bin mir sicher, er wäre lieber zu Hause gewesen. ..." Dann etwas erschrocken: "... Rahjadienste mit Weibern verlustieren? Was meinst Du?"

„Nun ja, ich hatte gehofft, du wüsstest ein wenig mehr. Jedenfalls, als ihr damals im Travia 43 ins Schweinsfoldische gereist seid, kam eines Nachmittags Vater Reginbald aus Albenhus angereist. Er wirkte ziemlich verärgert und wollte umgehend mit Vater sprechen. In dem Gespräch hieß es wohl - ich war nicht dabei - dass Gudakar den Traviaeid gebrochen habe. Und Merle habe davon mitbekommen und war ganz aufgelöst, denn der Tsasegen war zuvor über sie gekommen. Ich hatte Vater gefragt, woher Merle es wüsste, also das mir Gudekar, wenn der Bursche doch auf Dere herumtingelt. Vater meinte, die beiden hätten irgendsoein magisches Amulett, über dass sie mit Gefühlen verbunden sind, selbst, wenn sie weit entfernt von einander sind. Wo auch immer er dies her hatte. Da möchte man doch meinen, dies sei ein Geschenk Travias, sollte es einen unsteten Mann doch davon abhalten, etwas zu tun, was man später bereuen könnte. Aber nein, nicht meinen Bruder! Merle hat wohl jede Gefühlsregung von Gudekar gespürt, als er…. Naja, und dann noch schlimmer. Am nächsten Tag noch einmal, wieder spürte sie Gefühle von Liebe und Verlangen in Gudekars Herzen. Doch plötzlich rissen die Gefühle abrupt ab. Merle hatte einen Schock, Gudekar sei etwas passiert, so hat sie es mir später beschrieben. Doch scheinbar hatte er das Amulett einfach abgenommen, so als wolle er bewusst Merle aus seinem Herzen ausschließen. Naja, jedenfalls, Merle ist dann noch in der Nacht heulend zu Luidbirg und Reginbald gerannt, ein gefährliches Wagnis bei Dunkelheit die Klostermauern vor der Stadt zu verlassen, um Rat zu erfragen. Reginbald wusste wohl sofort, was das alles zu bedeuten hatte.

Er hat dann Merle nach Lützeltal gebracht, damit wir uns um sie kümmern konnten, bis Gudakar von seiner Mission zurückgekehrt war und zur Rede gestellt werden konnte. Ziemlich lange mussten wir warten, ziemlich lange hat eure Mission damals wohl gedauert. Aber zurück im Albenhusischen hat der Hund nichts gesagt dazu. Geschwiegen hat er. Weder, was ihn da geritten hat, noch wer das getan hat, hat er verraten. Bis heute nicht. Dieser Schuft!

Und du bist mit ihm gereist und hast nichts von all dem gemerkt? Welche schwarze Magie hat Gudekar da nur gewirkt, um seine Missetaten vor seinen Gefährten zu verbergen?“

Fassungslos blickte Eoban den Weissenqueller an. "Ich weiß wirklich nicht, von wa..." Dann kam ihm in dem Sinn, dass am 2. Tag auf der Schweinsfolder Hochzeit Gudekar und Tsalinde so ... anders waren. Ob Gudekar wirklich den Traviabund gebrochen hatte? Vielleicht hatte er Tsalinde davon berichtet und Eoban kam gerade in einem unpässlichen Moment. War da nicht ein Streit mit dem Traurigsteiner wegen einer Frau am Nachbartisch zur Junggesellenfeier? "Also, ich ... ich kann mir das fast nicht vorstellen." Obwohl ... "Wie geht es seiner Gemahlin? Und dem Kind?"

“Hm,” Der Lützeltaler hob verwundert die linke Augenbraue. Wusste sein Freund wirklich nichts oder verschwieg er ihm etwas? Sein Gestottere ließ seine Worte nicht sehr glaubhaft erscheinen. Er könne es sich ‘fast’ nicht vorstellen. Fast. Doch scheinbar wollte Eoban keinen weiteren Keil zwischen die Weissenquell-Brüder treiben.

“Na schön, lassen wir das Thema!” Vorerst. “Merle? Ach, der geht es gut. Erstaunlicher Weise hat sie Gudekar bald verziehen, nachdem er zurückkam. Oder zumindest das Geschehene verdrängt. Ich glaube, die beiden Dreifelder haben viel dazu beigetragen, dass Merle und Gudekar sich wieder einig geworden sind. Gudekar ist dann auch bei Merles Niederkunft im Kloster gewesen, obwohl er, glaube ich, gerne letztes Jahr mit Vater nach Ishna Mur gereist ist. Die Neugier auf die Binge und die verpasste Gelegenheit, die Binge ein wenig zu erkunden, müssen ihn innerlich zerfressen haben. Tja, der Gute muss halt auch mal lernen, dass es im Leben auch Anderes, Wichtigeres gibt als nur das Streben nach Wissen, insbesondere, wenn dieses Streben zu Lasten anderer geht.” Nach diesen Worten nahm Kalman einen kräftigen Schluck Bier und wischte sich anschließend mit dem Ärmel den Schaum aus dem Bart. “Die Geburt lief dann wohl auch problemlos, Mutter und Kind sind wohlauf. Naja, wär ja auch Ding, wenn da etwas schiefgelaufen wäre, wo so viele fachkundige Heiler im Kloster herumlaufen. Und man kann ja über den Taugenichts sagen, was man will: die Heilkunst beherrscht er ja scheinbar ganz vernünftig.” So viel Lob für Gudekar war selten aus Kalmans Mund zu hören. “Merle geht wieder ihrem Dienst im Kloster nach, und das Kind wächst halb dort, halb im Traviatempel bei Mutter und Vater Dreifeld auf, je nachdem wie es der Dienst im Kloster erlaubt. Das ist zumindest das letzte, was ich gehört habe. Allzu oft kommen wir ja auch nicht nach Albenhus und umgekehrt. Ich glaube, Vater war zuletzt im Rahja dort, um Gwenn und Mika zum Pelura-Turnier zu begleiten.”

Deswegen war Gudekar also nicht in Ishna Mur ... So richtig wohl war Eoban bei der Reise damals auch nicht. Margalin war im siebten Mond. Doch der Bauch war so geschwollen, man hätte meinen können, sie wolle ein kleines Kälbchen auf die Welt bringen. Die Kräuterfrau meinte, es werden Zwillinge. Und die kämen bekanntlich früher. Dennoch nahm Eoban die Reise auf sich. Der Auftrag der Herzogenmutter war wichtig.

"Das ... das ist gut." Ohne noch einmal genau zu sagen, was genau er damit meinte.

Turnier in Albenhus? Turnier! Endlich ein Thema ohne Fallstricke! "Turnier! Sag, wie hast Du Dich eigentlich auf das Turnier vorbereitet? Ich glaube, meine einzige Ertüchtigung bestand darin, die Nordmarken kreuz und quer abzureiten." Eoban lachte. Inständig hoffend, der andere würde das Thema aufnehmen.

“Vorbereitet? Naja, wenn du das Vom-Speicher-Holen und Entrosten der Turnierrüstung ‘Vorbereitung’ nennen willst…” Kalman lachte laut, so dass die Gäste am Nebentisch sich umschauten.”Nein, im Ernst, ich habe lediglich auf der Wiese am Rande von Lützeltal auf einem improvisierten Turnierplatz ein wenig das Anreiten geübt und mit einer alten Vogelscheuche gekämpft. Ich hatte in den beiden Kämpfen heute einfach nur Glück, vor allem in dem zweiten Kampf. Bin gespannt, wer morgen auf mich wartet. Ich hoffe nur, dass ich nicht zu heftig getroffen werden und unglücklich vom Pferd falle. Aber du hast eine richtig gute Figur gemacht!”

"Danke. Die Himmelsleuin war heute mit mir." Eoban lächelte bis über beide Ohren und hob sein Gefäß. "Auf ..." Er überlegte kurz, was unverfänglich war ... Die Familie? Den Mut? "... den Herzog und die Nordmarken."

Kalman nahm noch einen kräftigen Schluck Bier. “So, nun lass und unsere Siege von heute feiern und auf die alten Zeiten anstoßen. Hast du vorhin Morgan im Publikum gesehen? Obwohl er auch diese Madagabe hat, ist er ein guter Junge, ist extra aus der Akademie gekommen, um seinem alten Herrn zuzujubeln. Hoffe nur, dass ich morgen nach dem Lanzengang nicht seine Künste brauche, falls er schon was von Gudekar gelernt hat.”

"Morgan war der Junge, der Dich angefeuert hat? Mir war gleich eine gewisse Ähnlichkeit mit Dir aufgefallen. Ein guter Junge. …” Eoban lachte freundlich.

“Kennst Du Ihre Spektabilität Ruane von Elenvina? Ich hatte sie kennengelernt. Sie ist weise und ... vorausschauend. Vielleicht etwas streng. Wir sind mit einem Abgänger Ihrer Schule gereist: Adelchis von Pfaffengrund. Sicher kennst Du ihn - die Pfaffengrunds wohnen ja einfach nur den Lützelbach hinunter geschwommen. Er scheint mir sehr fähig zu sein. Wenn Dein Junge die gleiche Ausbildung genießt, wird er euch viel Ruhm und Ehre bringen.”

“Ich habe die Spektabilität kurz kennen gelernt, als wir Morgan in der Akademie abgegeben haben. Ich denke, er ist dort gut aufgehoben. Sicherlich für den Bub besser so, als das, was Vater bei Gudekar entschieden hatte. Die Strenge tut not, um das Astrale im Zaum zu halten. Ach der Pfaffengrund-Junge ist auch… Das hatte ich damals gar nicht mitbekommen. Er muss aber inzwischen wahrlich auch schon ein junger Mann sein.

Welche Pläne hast du für deine Kinder? Du sagtest einer deiner Jungs ist im Anconiter-Kloster? Will er Heiler werden?”

Eoban verschluckte sich an seinem Bier. Nachdem er den Hals wieder freigehustet hatte, suchte er nach den richtigen Worten. “Thietland ist noch nicht ganz schlüssig.“ Eoban lachte etwas nervös. Sollte er es vielleicht direkt ansprechen? “Ich glaube, er besitzt auch die Gabe der Mada …” Sagte er etwas kleinlaut. “Wir sind noch nicht ganz sicher. Die Gelehrten im Kloster sollen ihn erst einmal beobachten. Und dann entscheiden wir, wie weiter. Margalin würde ihn gerne in der Nähe wissen. Aber nicht zu Nahe, dafür ist es in Albenhus gerade etwas zu unruhig. Vielleicht nach Punin? Aber die Aufnahmeprüfung soll zum Fürchten sein. Und die Gebühren auch. Wir hatten ja ein paar magere Jahre, dank der Pfalzgrafen. Margalin hat nach einem weit entfernten Verwandten geschickt, der in Punin studiert hat. Er soll den Jungen prüfen und vorbereiten. Kein einfaches Thema … Aber Rotlind - sie kommt ganz nach ihrer Mutter. Und ihrer Großmutter. Eine Kämpfernatur durch und durch. Sie ist schon im vierten (?) Jahr ihrer Knappschaft bei TBD (?). Eines Tages wird sie eine gute Lehensherrin sein - so wie ihre Mutter.”

Kalman blickte Eoban mit einem Mal ernst an. Nicht vorwurfsvoll, sondern so, wie ein Freund einem Freund mitfühlt, wenn dieser von seinen Sorgen berichtet. Bei Eobans Worten nickte Kalman immer wieder bestätigend mit dem Kopf.

“Hör mir zu, Eoban, ich weiß, ich Rede oft nicht gut über Gudekar, Du weißt, ich bin nicht begeistert von der Gabe, die er mitbekommen hat. Und wahrscheinlich tue ich ihm dabei oftmals Unrecht. Er kann ja nichts dafür, was er ist oder was in ihm steckt. Und so ist es auch bei Thietland. Wichtig ist aber, wenn er diese Gabe hat, und scheinbar ist sie auch hier weiter verbreitet, als uns Nordmärkern lieb ist, dann muss sie rechtzeitig in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Und leider, ja leider, ist eine gute Ausbildung teuer. Die Lehrmeister lassen es sich gut bezahlen. Auch wir hatten damals schwer mit den Abgaben zu kämpfen, die wir für Gudekars Ausbildung zu leisten hatten. Die Familie musste viele Entbehrungen dafür verkraften.” Und das ist einer der Gründe, warum Kalman schon als Kind so einen Groll gegen seinen jüngeren Bruder hatte. “Letztlich konnten wir uns eine Ausbildung an der Akademie nicht leisten, und Vater gab Gudekar an einen freien Lehrmeister, einen alten Magus. Auch der wollte für seine Dienste entlohnt werden, doch verlangte er weniger, als die Akademie. Wie sich herausstellte, hatte Vater die falsche Wahl getroffen. Der Alte starb noch lange, bevor Gudekar auch nur annähernd ausgebildet war. Und wer wollte sich schon eines vorgeprägten Eleven annehmen. Schließlich nahm sich das Anconiterkloster seiner an und schickte ihn dann zur Ausbildung in den Norden. Das war für ihn ein Glücksgriff! Und wenn ich ehrlich bin, ich denke, aus Gudekar ist ein guter Magier geworden.” Nicht unbedingt immer ein guter Mensch, aber ein guter Magier.

“Wäre es für euch nicht eine Option, den Knaben auch bei den Anconitern in Obhut zu lassen, und vielleicht sogar Gudekar für Thietlands Ausbildung verantwortlich zu wissen? Du scheinst meinem Bruder ja zu vertrauen.”  

Eoban lauschte bedächtig den Ausführungen seines Freundes. Wie konnte er nur an ihm zweifeln. Obwohl seine Worte anfangs nicht freundlich klangen, schien er tiefe Liebe für seinen Sohn und seinen Bruder zu empfinden. So war es Recht. "Vielen Dank, dass Du das mit mir teilst. Ich wusste nicht, welche Herausforderungen es mit Gudekars Ausbildung gab. Ich dachte auch schon an die Anconiter. Sie leben ein sehr lobenswertes Handwerk. Und Thiedland könnte in Albenhus eine Aufgabe finden. Aber Margalin missfällt der Gedanke, den Jungen für die Ausbildung soweit fortzuschicken nach ... Donnerbach, richtig? Und Gudekar schien nicht sonderlich erpicht darauf, einen Schüler anzunehmen. Nun ja ..." Eoban seufzte. "Wir haben ja noch ein Jahr Zeit, zu einer Entscheidung zu kommen."

“Hat Gudekar das gesagt? Hast du ihn gefragt, ob er sich Thiedland annehmen würde? Nun, ich weiß zwar nicht, wie es bei den Gildenmagiern üblich ist, ob da überhaupt jeder Adept einfach so einen Lehrling annehmen darf. Die haben ja ganz andere Regeln als für uns anständige Ritter gelten. Und das ist auch gut so, wenn man bedenkt, wie viel Schaden schon ein ungeübter Magier anrichten kann.” Oder ein magisch begabtes Kind.

“Aber das ließe sich sicherlich in Erfahrung bringen, ob Gudekar einen Schüler anleiten darf.”

“Du hast Recht. Das kam mir noch nicht in den Sinn. Ich werde ihn noch einmal darauf ansprechen. … Sag, wie oft könnt Ihr Morgan denn sehen? Ich befürchte, einmal in der Akademie wird Thiedland kaum Möglichkeiten haben, nach Hause zu kommen. Und mit seinem Abschluss … Die Ferne ist verlockend …”

“Nun ja.” Oft genug, dachte Kalman. “Es ist sicherlich nicht oft, nicht öfter und nicht seltener, als ich meine Schwestern Eliada und Gwenn sehe. Dies ist nun mal so, wenn man seinen Verpflichtungen nachkommt. Wie oft siehst du deine Brüder? Und wie oft hast du deine Familei gesehen, als du in Knappschaft warst? Aber ja, als Gudekar unser Gut verlassen musste, habe ich ihn lange Zeit nicht mehr gesehen. Nachdem sein alter Meister gestorben war, etwas mehr als ein Jahr, nachdem er Gudekar aufgenommen hatte, hatten wir Gudekar nach Albenhus ins Kloster gebracht. Da hatte Vater noch jedesmal nach ihm geschaut, wenn wir nach Albenhus an den Hof mussten, oder Geschäfte in der Stadt erledigen mussten. Ich hatte Vater dann stets begleitet. Das war bestimmt zwei, drei Mal im Jahr. Doch dann wurde Gudekar ja nach Donnerbach geschickt. Vater hatte damals noch ein Abschiedsfest für Gudekar in Lützeltal veranstaltet. Das war dann das letzte Mal, dass wir ihn sahen, bis er als junger Mann aus dem Norden zurück kam.

An dieser Stelle schien die Farbe aus dem Gesicht Eobans zu weichen … Nicht mehr sehen bis zum Abschluss der Prüfung?

Eines Tages stand er am Tor des Gutshaus. Ein junger Mann, in seiner grünen Robe, auf den Stab gestützt. Ich erinnere mich noch genau, wie ich mich erschrocken hatte. Ich hatte ihn erst gar nicht erkannt. Aber du glaubst nicht, wie Vater sich gefreut hat! Den ganzen Abend hat Vater ihn über seine Zeit dort oben ausgefragt, bei dem einen oder anderen Becher Wein und einigen Gläschen Albenblut. Naja, er hatte ja auch ferne Länder gesehen, an die wir gar nicht glauben wollen. Und stell dir vor, er hat mit Elfen gesprochen! Mit lebenden Elfen! Die gibt es dort wohl wirklich, und nicht wenige!” Ein ungläubiges, aber dennoch begeistertes Leuchten funkelte in seinen Augen auf.  

Das Wort Elfen holte Eoban aus seinen düsteren Gedanken zurück. In Donnerbach gibt es Elfen? Wäre das nicht hilfreich im Sinne der Schaffung eines neuen Kristalls?

“Gudekar meinte damals, er lebte und arbeitete schon seit vier Monden wieder in Albenhus. Und da hatte er es erst so spät für nötig befunden, sich bei uns zu zeigen?” Und schon wurde sein Blick wieder eher zornig. “Naja, am nächsten Morgen, nach dem Frühstück ist er dann zurück zum Kloster.” Kalman trank seinen Krug Bier aus und bestellte noch eine weitere Runde. Seine Kehle fühlte sich trocken an, seine Augen jedoch etwas feucht.

“Das nächste Mal, dass ich ihn sah, war dann bei der Vorbereitung seiner Hochzeit. Es ist aber auch nicht so, dass ich seine Nähe gesucht hätte, muss ich gestehen. Er hat sein Leben, in Albenhus, im Kloster. Und im Traviatempel. Ich habe meines in Lützeltal. Es gibt wenig was uns verbindet, außer die Liebe zu und Sorge um unsere Schwestern.” Es war offensichtlich, dass dem Ritter diese Worte schwer fielen. Scheinbar war da doch mehr, tief in seinem Innersten, was er für seinen Bruder empfand. Kalman machte eine Pause, zu bewegt war er einen Moment lang, um weiter zu sprechen.

Eoban war sich nicht sicher, ob er Bitterkeit, Wut oder vielleicht auch Trauer in seinem Freund erkannte. Die Banden, die Travia knüpft, sind stark. Ob durch Geburt oder Heirat, ob man sie noch will oder nicht. Aber warum erwähnte Kalman nicht die Liebe zu und Sorge um seinen Vater?

“Und da lebt Gwenn doch näher bei ihm, die beiden sehen sich wohl öfter. Zumindest noch. Bis Gwenn dann demnächst heiratet. Und Elida, na die lebt bei den Darrenbrucks, ist da gut beschäftigt. Die sieht man auch nur ab und an. Obwohl wir ja fast Nachbarn sind. So ist das aber halt nunmal. Ein jeder und eine jede geht seinen oder ihren Weg. Und es ist ja auch gut, wenn die Familie sich ausbreitet. Je weiter man verstreut ist, um so größer wird der Einfluss der Familie. Es wäre ja schön, wenn alle für immer beisammen bleiben könnten, aber irgendwann wird auch der größte Hof zu klein für die ganze Sippschaft.”  

“Habt Ihr denn kein jährliches Familienfest, bei dem Ihr alle zusammenkommt? Ich freue mich jedes Mal, die Familie in Albenholz zu sehen. Also, zumindest die meisten von ihnen.

„Nun, selbstverständlich feiern wir auch Lützeltal am Tag der Heimkehr das große Erntdankfest. Fast das ganze Dorf feiert da zusammen. Du musst mit deiner Familie unbedingt auch einmal anreisen!

Doch Gwenn und Gudekar haben nun einmal ihre Verpflichtungen in Albenhus. Da bekommen sie nicht jedes Jahr den Freigang, um nach Hause zu reisen. Und Elida ist seit ihrer Hochzeit mehr ein Teil der Darrenbrucker Familie, die dann ebenfalls feiert.

Hast du denn noch die Zeit und Gelegenheit, regelmäßig nach Albenholz zu reisen? Du scheinst auch viele Verpflichtungen zu haben, und du scheinst deshalb viel auf Reisen zu sein. Zumindest hat Veter berichtet, du hättest ihn letztes nach Ishna Mur begleitet? Und dir ging es sicher nicht darum, alte Freundschaften zu pflegen.“

"Das stimmt. In letzter Zeit blieb nicht viel Gelegenheit, die Familie zu sehen. Ich bin schon froh, dass ich zur Geburt in Poluik war ... In Poluik ist es Tradition, zwischen den großen Feiertagen zum Friedensfest zu laden. Dadurch haben die Familien aus Liepenstein die Gelegenheit, über die Lehensgrenzen hinaus Bande zu knüpfen und zu stärken. Denn das ist die Grundlage für dauerhaften Frieden mit den Nachbarn." Eoban dachte für einen Moment an die herausfordernde Situation nördlich des Großen Flusses. "Da fällt mir ein, ich hatte ein Idee: Ich überlege, in Poluik einen Übungsplatz für das Tjosten herzurichten. So kann ich mich besser auf das Turnier in Hlutharswacht vorbereiten. Und meine Lanze gleich mit. Ganz im Sinne des Barons. Vielleicht spinn ich jetzt etwas, aber ich könnte mir auch eine gemeinsame Übung mit den Nachbarn in Poluik vorstellen. Zur Ertüchtigung. Aber auch zum freundschaftlichen Wettbewerb. Freunde und Familie wären auch willkommen. Margalin wird vermutlich ausrasten und auf die klamme Kasse verweisen. Aber das Leben ist zu kurz, um nur zu buckeln. Und ein tüchtiger Geist wohnt in einem ertüchtigten Körper - heißt es doch. Was denkst Du?"

“Na, das wird sicher ein Spaß! Ich meine das Üben, nicht die Reaktion von Margalin. Hm, es ist natürlich wieder eine zusätzliche Reise, eine Zeit jenseits von daheim und der Familie. Wann hast du das im Auge? Ich hoffe, es ist nicht…” Kalman kratzte sich nachdenklich am Bart. “Na, das Datum steht ja noch gar nicht fest.”

“Ich hatte an den Herbst gedacht. Irgendwann nach dem Tag der Heimkehr. Wenn die Ernte eingeholt ist und die Hitze des Sommers verflogen, tut sich so eine Ertüchtigung vielleicht etwas leichter. Aber ich muss mich noch mit meiner Gemahlin und selbstverständlich der Baronin und auch den Nachbarn abstimmen. Ein gemeinschaftliches Ereignis muss auch mit der Gemeinschaft geplant sein. Allzu weit ist es ja nicht entfernt von Lützeltal. Bring doch die Familie mit. Oder was macht Dir Sorgen?”

“Nun, vermutlich auch im kommenden Herbst könnte ein größeres Fest in Lützeltal anstehen. Gwenn soll heiraten und wir werden die Feierlichkeiten ausrichten. Vater plant, im Vorfeld eine Treibjagd für die interessierten Gäste auszurichten. Dies ist eine Gelegenheit, zu der ich hoffte, dass auch du und deine Familie un besuchen kommen würdest. Außerdem werde ich mit den vorab mit den Vorbereitungen der Feier ziemlich ausgelastet sein. Aber der genaue Termin muss erst noch verhandelt werden.”

"Oha, eine Hochzeit! Wer wird denn der Glückliche sein? Und habt Ihr bereits einen Geweihten der Travia für den Segen und den Bundspruch? Nun, wenn es sich einrichten lässt, kommen wir gerne. Margalin wird es sicher begrüßen, nicht immer nur zu Hause die Kinder zu hüten, sondern auch mal wieder das Leben zu feiern."

“Nun ja, ähm, also, das ist der wunde Punkt an der Sache. Eine heikle Angelegenheit. Vater hat die Hochzeit mit einem Bürgerlichen ausgehandelt. Ein gewisser Herr Herrenfels. Der ist wohl Kontormeister in Rosenhain, bei dem Mersinger. Ich weiß nicht, ob du den kennst, er kämpft hier auch auf dem Turnier. Also der Mersinger, nicht sein Kontormeister. Wir haben bei den Dreifeldern in Albenhus um ihren Segen für die Ehe gebeten und hoffen, dass sie auch die Zeremonie durchführen. Sie sind dem Hause Weissenquell ja durchaus schon länger verbunden, sollte Gudekar nicht das Vertrauen vollends zerstört haben, was zwischen dem Traviatempel in Albenhus und unserer Familie bestand. Jedenfalls, sollte alles laufen, wie erhofft, wäre es uns eine Freude, euch in Lützeltal Willkommen zu heißen.